Marianne Bachmeier

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Mai 2020 15 18:03

Marianne Bachmeier

Beitrag von Norby

Marianne Bachmeier (* 3. Juni 1950 in Sarstedt; † 17. September 1996 in Lübeck) beging 1981 in einem Saal des Landgerichtes Lübeck Selbstjustiz und erschoss den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter Anna Bachmeier. Sie wurde 1983 wegen Totschlags und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.





Jugend und Familie
Marianne Bachmeier wuchs in Sarstedt auf, wohin ihre Eltern aus Ostpreußen geflüchtet waren. Das Paar trennte sich, und die Mutter heiratete erneut.

Im Alter von 16 Jahren wurde Marianne Bachmeier Mutter und mit 18 Jahren wieder von ihrem damaligen Lebensgefährten schwanger. Kurz vor der Entbindung ihrer zweiten Tochter wurde sie vergewaltigt. Ihre ersten beiden Kinder gab sie jeweils kurz nach der Geburt zur Adoption frei. Im Jahr 1973 kam ihre dritte Tochter Anna zur Welt, die bei ihr aufwuchs. Marianne Bachmeier betrieb in Lübeck eine Szene-Kneipe.

Ermordung der Tochter
Am 5. Mai 1980 ging die damals siebenjährige Anna Bachmeier mit Erlaubnis ihrer Mutter nicht zur Schule. Sie wollte eine gleichaltrige Freundin besuchen und fiel dabei dem 35-jährigen Fleischer Klaus Grabowski in die Hände. Er soll sie bei sich zu Hause mehrere Stunden festgehalten und anschließend mit einer Strumpfhose erdrosselt haben. Laut Staatsanwaltschaft habe er das Mädchen gefesselt, in einen Karton gepackt und ihn dann am Ufer eines Kanals in einer Mulde abgelegt. Die Leiche soll er anschließend in ein Loch gelegt und mit Erde bedeckt haben. Am Abend wurde er in der Gaststätte Im alten Zolln festgenommen, da er sich zuvor seiner Freundin offenbart hatte, die daraufhin zur Polizei ging.

Klaus Grabowski war ein vorbestrafter Sexualstraftäter und zuvor wegen sexuellen Missbrauchs zweier Mädchen verurteilt worden. Während seiner Haft ließ er sich 1976 kastrieren und unterzog sich zwei Jahre später einer Hormonbehandlung. Marianne Bachmeier und Christian Berthold (Annas leiblicher Vater) erstatteten später erfolglos Strafanzeige gegen den Urologen, der die Hormonbehandlung bei Grabowski angewandt und somit ihrer Meinung nach dessen Gefährlichkeit wiederhergestellt hatte.[1]

Grabowski gab an, das Mädchen nicht sexuell belästigt zu haben. Bei der polizeilichen Vernehmung sagte er, das Mädchen habe der Mutter erzählen wollen, er habe es unsittlich berührt mit dem Ziel, von ihm eine D-Mark zu erpressen.

Selbstjustiz im Gerichtssaal
Marianne Bachmeier schmuggelte am 6. März 1981 eine Pistole des Typs Beretta 70, Kaliber .22lr, in den Gerichtssaal des Lübecker Landgerichts und erschoss damit am dritten Verhandlungstag im Strafprozess den wegen Mordes an ihrer Tochter Anna angeklagten Klaus Grabowski. Sie zielte mit der Waffe auf Grabowskis Rücken und drückte insgesamt achtmal ab. Sieben der Schüsse trafen; der 35-jährige Angeklagte war sofort tot.

Der bislang bekannteste Fall von Selbstjustiz in der Bundesrepublik löste ein großes Medienecho aus und wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Fernsehteams aus aller Welt reisten nach Lübeck, um über diesen Fall zu berichten. Reporter befragten auf der Straße zahlreiche Passanten über die Tat der 31-jährigen alleinerziehenden Frau. Ein Teil der Bevölkerung zeigte Verständnis für die Tat, andere verurteilten sie als mit der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar. Marianne Bachmeier verkaufte ihre Lebensgeschichte für rund 250.000 D-Mark exklusiv an das Nachrichtenmagazin Stern. Sie vertraute sich dem Stern-Reporter Heiko Gebhardt an, der sie während ihrer Untersuchungshaft besuchen durfte. Kontrovers wurde auch ihre Rolle als Mutter diskutiert, da sie kurz vor Annas Tod beabsichtigt hatte, das Kind zu Pflegeeltern zu geben.





Verurteilung wegen Totschlags
Am 2. November 1982 wurde Marianne Bachmeier vor Gericht zunächst wegen Mordes angeklagt. Später ließ die Anklage den Mordvorwurf fallen. Nach 28 Verhandlungstagen erging am 2. März 1983 durch die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Lübeck die Verurteilung wegen Totschlags und unerlaubten Waffenbesitzes zu sechs Jahren Haft. Damit ging einer der aufsehenerregendsten Prozesse der Nachkriegszeit zu Ende. Nach drei Jahren Haft wurde sie vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.

Umzug ins Ausland
Marianne Bachmeier heiratete 1985 und zog 1988 mit ihrem Ehemann, einem Lehrer, nach Lagos in Nigeria. Dort lebten sie in einem deutschen Camp, in dem ihr Lebensgefährte an der deutschen Schule unterrichtete. Sie ließ sich 1990 von ihm scheiden und ging nach Sizilien, wo sie in einem Hospiz in der Hauptstadt Palermo Sterbende pflegte. Nachdem sie erfahren hatte, dass sie an Krebs erkrankt war, kehrte sie nach Deutschland zurück.

Interviews
Im Jahr 1994, 13 Jahre nach ihrer Tat, gab sie ein Interview im Deutschlandfunk: „Ich finde es einen sehr großen Unterschied, ob ich ein kleines Mädchen umbringe, weil ich Angst habe, ich muss danach ins Gefängnis für mein Leben lang. Und dann auch das ‚Wie‘, also dass ich mich hinter das Mädchen stelle und zuziehe, das ist jetzt wörtlich aus seiner Aussage: ‚Ich höre, dass etwas aus ihrer Nase tritt, dann ziehe ich fester zu, dann kann ich den Anblick der Leiche nicht mehr ab‘.“

Am 21. September 1995 trat sie in der Talkshow Fliege in der ARD auf. Sie gab zu, dass sie den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter nach reiflicher Überlegung erschossen habe, um Recht über ihn zu sprechen und ihn daran zu hindern, weiter Unwahrheiten über Anna zu verbreiten.

Tod
Am 17. September 1996 starb Marianne Bachmeier im Alter von 46 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem Lübecker Krankenhaus. Es war eigentlich ihr Wunsch gewesen, in ihrer Wahlheimat Palermo zu sterben. Vor ihrem Tod bat sie den NDR-Reporter Lukas Maria Böhmer, sie mit der Filmkamera in ihrem letzten Lebensabschnitt zu begleiten. Auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck wurde sie im Grab ihrer Tochter Anna beigesetzt.



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Mai 2020 28 12:52

Re: Marianne Bachmeier

Beitrag von Sammy-Jooo

Das war DER Aufreger der Zeit. Danach wurde vieles in den Gerichten geändert und schärfer kontrolliert. Sehr viele Eltern waren der Meinung das es richtig war den Täter zu töten.
:-: :-: :teufelgrins: :teufelgrins:

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Mai 2020 28 13:27

Re: Marianne Bachmeier

Beitrag von Raven

Sammy-Jooo hat geschrieben: Do 28. Mai 2020, 12:52 Sehr viele Eltern waren der Meinung das es richtig war den Täter zu töten.


Auch wenn es nicht richtig war, aber konnte man es den Eltern verdenken, die dieser Meinung waren?

Wenn man selber Kinder hat und diese einem genommen werden, auf einer so grausamen Art.... - ich könnte mich auch nicht von solchen "Gedanken" freisprechen.
Allen ist das Denken erlaubt,doch vielen bleibt es erspart

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Re: Marianne Bachmeier

Beitrag von Sammy-Jooo

Ich bin da der gleichen Meinung. Ich glaube auch das ich in so einer Situation auch nicht anders gehandelt hätte.
:-: :-: :teufelgrins: :teufelgrins:

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Re: Marianne Bachmeier

Beitrag von Norby

Morgen vor 40 Jahren.

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