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DDR Alltag - Berlin 1987

Verfasst: Mi 14. Apr 2021, 11:35
von Marcus
DDR Alltag - Berlin 1987:


Re: DDR Alltag - Berlin 1987

Verfasst: Mi 14. Apr 2021, 16:55
von Norby
Tolle Doku! :daumenhoch: Solche Filme gefallen mir sehr! Mein Frau und Ihre Familie stammen aus Ostberlin. Mein Schwiegervater hat sogar noch am Fernsehturm selbst Hand angelegt.

Man acht besonders auf die Verschmutze Luft rund um die Knatterbüchsen. Was sich da in den letzten 30 Jahren getan hat, ist echt eine Menge. Daher für mich um so unverständlicher, was aktuell noch alles gefordert wird. Alles mit der Zeit, ganz in Ruhe und es wird ;)

Re: DDR Alltag - Berlin 1987

Verfasst: Do 9. Dez 2021, 10:14
von Arvika73
Man bedenke, dass Ostberlin als Hauptstadt immer Vorrang hatte. Es gab in der DDR eine klare Verteilung von Investitionen nach Bedeutung der Städte:

• Ostberlin wurde stets priorisiert
• Leipzig als Messestadt war ein wichtiges Schaufenster nach Westen
• danach kamen die übrigen Bezirksstädte (z.B. Dresden, Leipzig, Magdeburg, Erfurt...), geordnet nach ihrer Bedeutung für den Staat
• Klein- und Mittelstädte ohne administrative Bedeutung oder nennenswerte Bedeutung für Kontakte mit dem Ausland
• Dörfer

Bereits in Ostberlin fehlte es an allen Ecken und Enden an Investitionen, abseits der besonders repräsentativen Bereiche waren auch weite Teile der Hauptstadt marode.
Die Messestadt Leipzig war quasi zweigeteilt in einen Messerelevanten Teil, der einigermaßen in Ordnung war (für Ost-Verhältnisse) und den Rest, der zusehends verfiel. Es gab eine sehenswerte Doku in drei Teilen namens »Ist Leipzig nach zu retten?« - hier Teil 1:



Wenn es so schon in der Stadt der zweiten Prioritätsstufe aussah, kann man sich denken, wie es um den Rest der Republik bestellt war.
Viele Altstädte wurden dem Verfall überlassen und die Dörfer wurden - bis auf die Errichtung von Kulturzentren - gar nicht beachtet, solang man nicht Großwohnanlagen für die Werktätigen in benachbarten Betrieben direkt neben die alten Ortslagen stellte. Auf den Dörfern und in einigen Altbaugebieten war es nicht unüblich, dass man keine Innentoiletten hatte. Dorfstraßen waren zum Zeitpunkt der Wende oft Sandpisten, die in Kleinstädten zumeist mittelprächtig erhaltene Kopfsteinpflasterstraßen mit zahllosen Schlaglöchern, über die sich die - gemessen an »normalen« Industrienationen - wenigen und kleinen PKW quälten und dabei ihre typischen Zweitaktgemisch-Rauchwolken ausstießen.

Zum Straßenbild in den Städten gehörten auch die Warteschlangen. Wenn die Nachricht sich verbreitete, HO, Konsum oder Kaufhalle bekämen eine Lieferung »besonderer« Artikel (so gewöhnliche Dinge wie Strumpfhosen, nicht heimisches Obst etc.), bildete sich nahezu sofort eine lange Schlange kaufwilliger Menschen. In den Dörfern war dies eher selten der Fall, denn die dortigen Läden wurden mit den nicht-alltäglichen Waren so gut wie nie beliefert.

DDR-Alltag, das hieß vor allem grau-braun. Da die Braunkohle, ein Hauptenergieträger des Landes, nicht sonderlich sauber verbrannte, färbte der allgegenwärtige Qualm alles in dieser Einheitsfarbe ein. Farbtupfer waren nur die Plastikartikel (im Straßenbild die Autos) - und das »Rotlicht«, also die Propagandamittel. Flächendeckend war das Land überzogen von Tafeln mit Losungen, die die Errungenschaften des real existierenden Sozialismus und die »selbst gesteckten« Ziele von Betrieben und Gruppierungen verkündeten. Rot war die dominante Farbe, blau war ebenfalls recht häufig. Um nationale Feiertage und wichtige Anlässe (Parteitage etc.) gesellten sich unzählige DDR-Fahnen in allen Größen (vom »Winkelement« aus Papier bis hin zur 20 Meter-Version für die Fassade von Plattenbauten) dazu.